28.08.2010

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sinobaraDie interstellare Basis Terra 3 auf Sinobara soll von den Rohstofflieferungen der Erde unabhängig gemacht werden. Deshalb sendet man Expeditionen in das Urwaldgebiet, weil man dort Vorkommen an Kohle und anderen Bodenschätzen vermutet.

Die erste Forschergruppe unter Leitung des Planetologen Swerow gilt seit rund einem Jahr als verschollen. Der Funkkontakt zu den Männern brach ab und es ist ungeklärt, was ihnen zustieß. Die zweite Expedition wird von dem Planetologen William Higgins geleitet. Er steht unter großem zeitlichen Druck. Seine Vorgesetzten erwarten von ihm schnelle und vor allem positive Ergebnisse.

Die beiden Petrologen Yussuf Ulele und Simon Holm sind erfahren bei der Suche nach Bodenschätzen und werden Probebohrungen vornehmen. Dem Chemiker Knud Ranson obliegt die Auswertung der gewonnenen Bodenproben. Außerdem begleitet Olof Ingstorm den Erkundungstrupp. Der Biologe möchte Beweise für seine allgemein anerkannte kosmobiologische Theorie finden. Seiner Ansicht nach entwickelt sich das Leben auf allen Planeten nach ähnlichen Gesetzmäßigkeiten.

Die Männer sind im Gegensatz zu ihren Vorgängern besser ausgerüstet. Sie führen ein schweres Geländefahrzeug vom Typ Herkules mit sich, welches sich schon auf anderen, weit unwirtlicheren Planeten bewährt hat.

Die Unternehmung gestaltet sich anfangs erfolgreich. Schon die dritte Bohrung verheißt ein Kohlevorkommen, mit dem der erste Bedarf der Basis gedeckt werden kann.

Die Expedition kann das Schicksal der Männer um Swerow aufklären, die hierbei gewonnenen Informationen sind aber widersprüchlich. Die wirkliche Ursache des Untergangs der ersten Expedition ist lange unklar.

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Die Stimmung unter den Gruppenmitgliedern ist durch starke Spannungen zwischen Ranson und Ingstorm gekennzeichnet. Beide kennen sich von einer zurückliegenden gemeinsamen Expedition auf einem anderen Planeten. Dort kam es zu einem tragischen Unglücksfall, für den insbesondere Ranson verantwortlich gemacht wurde. Der Chemiker sieht jedoch in Ingstorm den eigentlichen Schuldigen und kann darüber hinaus eine in der Vergangenheit erlittene Kränkung einfach nicht verwinden.

Als die Expedition auf unbekannte Lebensformen trifft, tritt der Konflikt zwischen dem Chemiker und dem Biologen offen zu Tage. Ingstorm reagiert auf jede Kritik an seiner Theorie mit einer ihm eigenen Arroganz, die den Widerspruchsgeist Ransons herausfordert. Die ständigen Streitereien behindern die Arbeit der Expedition. Die beiden Wissenschaftler müssen erst in einem langen Prozess erkennen, dass sie nur gemeinsam das Rätsel der fremden Lebensformen auf Sinobara aufklären können.

Hintergrund

In der Zukunft kommt es zu einer Kontaktaufnahme mit einer fernen Zivilisation. Die riesige Entfernung zwischen der Erde und den Außerirdischen können Raumschiffen nicht auf einmal überwinden. Deshalb werden bewohnbare Planeten zum Aufbau von interstellaren Basen gesucht und kolonialisiert. Schritt für Schritt möchte sich die Menschheit auf diese Weise dem Zielplaneten annähern.

Sinobara ist ein bewohnbarer Planet mit drei Klimazonen: eiskalte Polarzone – unwirtliche Sand- und Steinwüste – sumpfiges Urwalddickicht.

Auf dem Planeten existieren nur wenige Tier- und Pflanzenarten. Es gibt keine Wirbeltiere und Insekten. Dafür sind sogenannte Bichordaten anzutreffen. Diese Lebewesen ähneln Libellen ohne Flügel, versehen mit zwei Schwänzen, 8 Beinen und zwei Kiemenbüschel am Kopf. Ihre gelbliche Haut wird als schleimig glänzend beschrieben. Chordatiere auf der Erde besitzen eine Chorda, das ist ein stabförmiger Stützapparat im Rücken. Die Lebewesen auf Sinobara haben scheinbar zwei davon.

Für die geringe Vielfalt in Flora und Fauna ist der Theorie nach ein naher Supernova-Ausbruch verantwortlich. Die dabei entstandene Gaswolke erreichte Sinobara und führte zu einer gewaltigen Verstärkung der kosmischen Strahlung, daraufhin starben alle höheren Tier- und Pflanzenarten aus.

Persönliche Wertung

Die Erzählung habe ich 1985 in einem Görlitzer Antiquariat entdeckt. Besonders angesprochen fühlte ich mich vom interessanten Motiv des Schutzumschlags. Auch die wunderschön gestalteten Innenseiten des Buchdeckels regten meine Phantasie an und luden mich zum Träumen von fernen Planeten ein. Seitdem habe ich das Buch schon einige Male gelesen. Immer wieder ist es ein großes Vergnügen, in die Geschichte einzutauchen und sich von ihr gefangen nehmen zu lassen. Die gelegentlichen Abstecher in die Erinnerungen des Chemikers Ranson an frühere Erlebnisse lassen annehmen, dass Thomas K. Reich genügend Phantasie für weitere Geschichten in seiner Zukunftswelt gehabt haben könnte. Leider ist es zu keinen weiteren Veröffentlichungen gekommen.

MobilophytFür mich ist dieses Buch ein typischer Vertreter der leider mit der DDR untergegangenen wissenschaftlich-phantastischen Literatur. Der Autor will nicht nur unterhalten, sondern auch zum Nachdenken anregen. Soziale und moralische Probleme einer kleinen Gruppe werden mit wissenschaftlichen Themen zu einer interessanten und spannenden Geschichte verwoben. Die Erzählung bekommt einen gewissen intellektuellen Anspruch durch die Beschreibung bzw. Erwähnung wissenschaftlicher Verfahren und Begriffe.

An einigen Stellen ist das Buch sogar höchst aktuell. Deutlich wird in der Erzählung die Gefahr eines unüberlegten und nicht wieder gut zu machenden Eingriffs in die Umwelt eines Planeten aufgezeigt.

Ranson weist in einer der vielen Diskussion mit Ingstorm auf Folgendes hin: „Pläne! Programme! Die gibt es auf der Erde auch. … Was ist daraus geworden? Von Ökologie kann keine Rede mehr sein. Wir haben unsere natürliche Umwelt oder besser die traurigen Reste in Naturparks eingepfercht, von denen keiner ohne immensen äußeren Aufwand Bestand hätte.“ (in [1], S. 19)

Die Ökologie des Planeten Sinobara und ihre Entstehung werden schlüssig und nachvollziehbar beschrieben.

Der Autor gibt sich sehr viel Mühe, die Mobilophyten als fremdartige, aber auch sehr interessante Lebensform darzustellen. Er wendet sich dabei von dem sonst häufig in der Science-Fiction anzutreffenden Klischee ab, alle Außerirdischen müssten humanoid sein.

Sehr gefallen hat mir der häufige Wechsel der Perspektive. Es gibt keine einzelne Hauptfigur, aus deren Sicht die Geschichte erzählt wird.

Der Leser lernt die innersten Beweggründe jedes Gruppenmitglieds kennen und gewinnt so Verständnis für die daraus erwachsenden Handlungen.

Ich kann diese Erzählung mit dem gewissen Anspruch nur empfehlen!

Zum Buch

Autor: Thomas K. Reich
Verlag: Verlag Das Neue Berlin 1982
Seitenzahl: 200
Ausgabe: Gebunden mit Schutzumschlag

Quellen

[1] Sinobara – Verlag Das Neue Berlin 1982

[2] Die große illustrierte Bibliographie der Science Fiction in der DDR, SHAYOL Verlag Ronald Hoppe 2002

Die Bilder der Himmelskörper wurden mit der freien Software Celestia erstellt.

Die Polregion© Spectral-Design – Fotolia.com

Sand- und Steinwüste© innovari – Fotolia.com

Urwald© BBB3 – Fotolia.com

Mobilophyt: eigene Zeichnung nach einem Motiv von Michael de Maizière (Schutzumschlag: Sinobara, 1. Auflage Verlag Das Neue Berlin 1982)