22.10.2012

Zum Inhalt

coverDie Besatzung der Streaker ist auf der Flucht vor einer Kriegsflotte der intelligenten Rassen der Galaxis. Das ganze Unglück beginnt rund einen Monat vorher. Ursprünglich auf eine einfache Erkundungsmission ausgesandt, stoßen die Forscher auf eine aufgegebene Flotte von 50.000 Raumschiffen in der Größe kleiner Monde in einem seichten Sternhaufen. Die Schiffe scheinen den legendären »Progenitoren« zu gehören. Diese Rasse soll als erste andere Lebewesen auf ein höheres Intelligenzniveau gehoben und damit die Ausbreitung des intelligenten Lebens in der Galaxis ausgelöst haben.

Bei der Untersuchung eines der riesigen Raumschiffe geht die Gig (Beiboot) des Kapitäns zusammen mit zehn Besatzungsmitgliedern verloren. Es können nur einige Relikte und ein gut erhaltener Mumienkörper geborgen werden. Die Mannschaft der Streaker informiert die Erde über den Fund. Die Antwort von dort enthält jedoch nur die kurze und knappe Anweisung, sich zu verbergen, auf neue Anweisungen zu warten und sich keinesfalls bis dahin wieder zu melden.

Die übermittelten Nachrichten werden abgefangen. Ihr Inhalt versetzt alle übrigen galaktischen Rassen in helle Aufregung. Fortan werden das kleine Schiff und seine ungewöhnliche Besatzung gejagt, denn an Bord der Streaker befinden sich 7 Menschen, 150 Delphine und ein Schimpanse. Mit knapper Not gelingt ihnen die Flucht vom Transferpunkt Morgran. Die Aliens setzen alles daran, in den Besitz der Koordinaten des seichten Sternhaufens zu kommen.

Mit letzter Kraft erreichen die Terraner den Planeten Kithrup und verbergen sich in einem seiner Ozeane. Den Flüchtlingen wird jedoch nur eine kurze Verschnaufpause gewährt.

Wenig später erreichen die Verfolger auch dieses Sonnensystem und eine gewaltige Raumschlacht entbrennt. Die Kämpfe werden mit großer Verbissenheit und unter Einsatz unvorstellbar mächtiger Technologien geführt. Ständig wechselnde Allianzen zwischen den Rassen lassen den Ausgang der Schlacht zunächst ungewiss erscheinen. Letztendlich verlagert sich das Kampfgebiet aus dem Orbit in den Luftraum über Kithrup.

 Neo Delphinsoro kratfin schreiter

Der Besatzung der Streaker gelingt es in der Zwischenzeit, das Schiff notdürftig zu reparieren.

Ein Kreuzer der Thennanin wird während der Kämpfe stark beschädigt und stürzt in der Nähe des Unterschlupfs der Streaker ab. Ein Teil der Besatzung wird zum Wrack gesandt und beginnt mit dessen Bergung. Dabei entdecken sie einige dringend benötigte Bauteile und eine kleine Ausgabe der galaktischen Bibliothek. Dieser Fund ist überaus wertvoll. Die Menschen vermuten schon lange, dass ihre eigenen Bibliothekszweigstellen durch ältere Patronatsrassen sabotiert und der Erde so Informationen vorenthalten werden.

 streaker

Eine andere Gruppe der Besatzung wird zur Erforschung der ungewöhnlichen Flora und Fauna des Planeten Kithrup ausgesandt und entdeckt dabei vorbewusste Eingeborene. Die Kiqui verfügen über ein großes Entwicklungspotenzial und könnten geliftet werden.

Während die Reparaturarbeiten am Thennanin-Wrack im vollen Gange sind, planen mehrere Besatzungsmitglieder auf der Streaker heimlich eine Meuterei. Kapitän Creideiki erleidet einen Unfall und fällt aus. Sein Vize-Kapitän Takkata-Jim will die Streaker an den Sieger der Raumschlacht um Kithrup übergeben. Er glaubt, nur so die Mannschaft und das Schiff vor der Vernichtung retten zu können. Um der Gefangennahme zu entgehen, flieht er mit dem Langboot und unternimmt später einen Versuch, damit den Planeten zu verlassen.

Mit einer List werden die feindlichen Flotten getäuscht und die Streaker kann den Planeten verlassen. Zwar gelingt die Flucht aus dem Sonnensystem, aber es ist für das Schiff und seine Besatzung eine Reise ins Ungewisse.

Hintergrund

Der Roman »Sternenflut« ist das zweite Buch David Brins, das im Uplift-Zyklus spielt. Er erschien erstmals 1983 in englischer und 1985 in deutscher Sprache. Das Buch wurde als bester Roman des Jahres 1983 mit dem Hugo Gernsback Award, dem Nebula Award sowie dem Locus Award ausgezeichnet.

Zeitlich muss die Handlung des Romans über 200 Jahre nach den Geschehnissen in »Sonnentaucher«  eingeordnet werden. Zwei Personen des Vorgängers werden im Roman erwähnt. So war Jacob Demwa der Mentor sowohl von Tom Orley als auch Gillian Baskin und Helene Alvarez (geb. daSilva) der ehemalige Kapitän von Creideiki auf dem Raumschiff »James Cook«. An einer Stelle wird auch die Invasion der Erd-Kolonie auf Garth erwähnt, die der Autor im Nachfolger »Entwicklungskrieg« beschreibt.

Es gab in der Vergangenheit auch Pläne, den Roman zu verfilmen. Trevor Sands schrieb dazu das Drehbuch. Der Titel des Films sollte wie im Original »Startide Rising« heißen, wurde aber bis heute nicht realisiert.

Persönliche Wertung

Es hat einige Zeit gebraucht, bevor ich in den Genuss der Lektüre des Romans von David Brin kam. Schon in den 90er Jahren wurde ich in einer Buchhandlung auf ihn aufmerksam. Beim Durchblättern entdeckte ich auf den ersten Seiten das Personen- und Sachregister. Eine wahre Flut an Figuren und die vielen, etwas verwirrenden Begriffe entsprachen so gar nicht meinem Lesegeschmack und schreckten mich ab. Erst der Neuauflage im Jahr 2000 gab ich eine Chance. Ich ließ mich von David Brins Uplift-Universum faszinieren und habe später alle weiteren Werke dieser Reihe gelesen.

Der Roman ist in vielerlei Hinsicht überaus interessant und unterhaltsam. Hervorzuheben ist, wie sorgfältig und geschickt der Autor die Vorstellung der vielen Protagonisten in die Handlung einfließen lässt und sie damit immer weiter vorantreibt. Dadurch entsteht kein Leerlauf, weil es ständig etwas Neues zu entdecken gibt.

Einige der galaktischen Rassen werden sehr detailliert beschrieben. Man spürt die reiche Phantasie des Autors und seine große Freude, das Uplift-Universum immer weiter zu entwickeln und ständig neue Facetten zu enthüllen. Irgendwie hat man das Gefühl, David Brin berichtet von etwas Selbsterlebtem.

Eigentlich bin ich kein Fan von Kriegsdarstellungen in der Science-Fiction. Bei David Brin jedoch sind die bewaffneten Auseinandersetzungen nicht Selbstzweck oder Hauptelement. Erst die Schilderung der Sinnlosigkeit und Brutalität, mit der der Konflikt im Orbit von Kithrup ausgetragen wird, macht dem Leser bewusst, in welch verzweifelter Lage sich die Besatzung der Streaker befindet. Denn von den meisten Galaktikern haben die Terraner nichts Gutes zu erwarten, sollten sie zur Beute ihrer Jäger werden.

Als junge Rasse ohne einen mächtigen Patron an der Seite haben die Menschen in der Galaxis nur wenig Einfluss. Ihre wenigen Verbündeten (Kanten, Synthianer und Tymbrimi) sind selbst durch die Macht der Tandu und Soro in die Defensive gedrängt. Eigentlich müssten die älteren und erfahreneren Patronatsrassen vernünftiger sein, was aber nicht der Fall ist. Die Ignoranz und Überheblichkeit der Angreifer eröffnet der Streaker-Besatzung jedoch später die Möglichkeit aus ihrer unhaltbaren Lage zu fliehen.

Die Sprache, die sich David Brin für die Delphine ausgedacht hat, ist ungewöhnlich und trotzdem irgendwie vertraut. Wie ein Neo-Delphin (Fin) wirklich sprechen und denke könnte, ist natürlich ungewiss. Jedoch strahlen die Haikus in Trinär eine wunderbare Erhabenheit und Schönheit aus.

Der Konflikt zwischen den Delphinrassen Stenos und Tursiops macht deutlich, dass Rassismus nicht allein ein Problem der Menschen ist, auch wenn ihn ein solcher durch Egoismus und Eitelkeit verschuldet hat. Zumindest wird die Eignung der Menschen als Patron anderer Rassen hinterfragt. Diese und einige andere kritische Untertöne geben dem Roman einen zusätzlichen Reiz.

Immer wieder begeistert der Wortwitz des Autors. Wenn Tom Orley selbst in aussichtsloser Lage seinen Sinn für Schabernack nicht verliert, die vorlaute Niss-Maschine mit ihren Fragen und Antworten Gillian Baskin schier verzweifeln lässt oder der Neo-Delphin Sah’ot so gern Dennie Sudman verführen möchte – gerade diese Momente bringen den Leser einfach zum Schmunzeln.

Beeindruckend sind die beiden Hauptfiguren Tom Orley und Gillian Baskin auch in ihrer Beziehung zueinander, die frei von jedem Kitsch ist. Ergreifend schildert der Autor die Sorgen und Ängste der beiden als das Schicksal sie voneinander trennt.

Der Roman »Sternenflut« ist spannend zu lesen und es gelang mir kaum, das Buch aus der Hand zu legen. Er ist eine weitere Möglichkeit, das faszinierende Uplift-Universum zu besuchen. Ich empfehle den Roman jedem Leser, der an guter und unterhaltsamer SF-Literatur interessiert ist.

Zum Buch

Englischer Originaltitel: Startide Rising
Autoren: David Brin
Deutsch: Rainer Schmidt
Verlag: WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN 1995
Seitenzahl: 637
Ausgabe: Paperback

Quellen

[1] Sternenflut –  WILHELM HEYNE VERLAG MÜNCHEN 2000

Das Bild der Soro Krat ist eine eigene Zeichnung nach einer Grafik von Kevin Lenagh aus Contacting Aliens (An Illustrated Guide to David Brin’s Uplift Universe) – Bantam Books, a Divison of Random House (S. 37)

Die anderen Bilder sind eigene Zeichnungen.