04.08.2022

Zum Inhalt

Weg der ErdeZwei Milliarden Jahre in der Zukunft. Die Menschen sind schon vor langer Zeit vom Antlitz der Erde verschwunden. Die Verhältnisse auf dem Planeten waren seitdem einem stetigen Wandel unterworfen. Eiszeiten wechselten mit Hitzeperioden. Die Größe und Leuchtkraft der Sonne nahmen stetig zu. Die Kontinentaldrift und das langsame Verdunsten der Ozeane veränderten das Aussehen des Planeten radikal. Das Leben fand jedoch zu jeder Zeit seine ökologische Nische.

Die Amphibien brachten eine intelligente Rasse hervor, die eine technische Zivilisation aufbaute. Doch auch sie zerfiel. Es folgte eine intelligente Insektenrasse, die sich über Jahrmillionen hielt - bevor auch sie verschwand.

Nun sind es die Abkömmlinge der Vögel, die die Krone der Schöpfung bilden. Sie leben in Stammesverbänden auf einem primitiven Zivilisationsniveau, haben ihre Flugfähigkeit längst eingebüßt und suchen ihre Nahrung in einer mutierten und völlig veränderten Pflanzenwelt, die ebenfalls allmählich Intelligenz herauszubilden beginnt.

Dies ist die Geschichte von Jok, der in einer kleinen Dorfgemeinschaft im Schelfgebiet eines längst ausgetrockneten Ozeans lebt. Er ist ein Außenseiter, der aufgrund seines Geburtsortes in der Nähe eines ungewöhnlichen Felsens über besondere Fähigkeiten verfügt. In viel größerem Maße als seine Stammesgenossen versucht er die Zusammenhänge seiner Umwelt durch Beobachtung und Nachdenken zu begreifen.

Und als ein Meteor niedergeht und das komplexe System der untereinander verbundenen, sensitiven Pflanzenwelt stört und zu vernichten droht, ist er der einzige, der die unverständlichen Verse, die seit vielen Generationen überliefert werden, richtig zu deuten weiß und Hilfe zu holen wagt - Hilfe aus einer fernen Vergangenheit: eine Art mobilen Computer, den die Menschheit einst zu Beobachtungszwecken in Richtung Zukunft geschickt hatte.

Hintergrund

Der Roman »Weg der Erde« erschien erstmals 1983 im Heyne-Verlag. In den beiden folgenden Romanen »Menschenspuren« und »Als die Gletscher schmolzen« nimmt der Autor teilweise Bezug auf sein Erstlingswerk und beschreibt so eine sich über Jahrmilliarden erstreckende Geschichte der irdischen Zivilisation. 

Persönliche Wertung

Den Roman las ich zum ersten Mal im Jahr 1996 bei einem Aufenthalt in einer Pension in Bayern. Der Gastwirt besaß eine kleine Bibliothek, die auch seinen Gästen zur Verfügung stand und war außerdem in besonderem Maße an Science-Fiction interessiert. So ergaben sich in der Folge interessante Gespräche über dieses Literaturgebiet.

Beeindruckt hat mich damals besonders das ungewöhnliche Cover, mit dem etwas erschreckt aussehenden Skrill. Die Handlung zog mich von Anfang an in ihren Bann und so war das relativ dünne Büchlein recht schnell durchgelesen. Die Abenteuer von Jok und seinen Gefährten blieben mir noch lange Zeit in Erinnerung. Umso mehr freute ich mich, als ich ein Exemplar des Romans im Buchdorf Mühlbeck-Friedersdorf entdecken und erwerben konnte.

Der junge Held Jok ist ein sympathischer und freundlicher Zeitgenosse. Er wendet sich gegen jede Form von Ungerechtigkeit und ist außerdem bereit, die Konsequenzen für sein Handeln zu übernehmen. So beendet er auf recht radikale Art und Weise den Ritus der Opferung von Skrill-Nachkommen, die nicht der Norm entsprechen. Dass er sich nun dieser Kinder und Jugendlichen selbst annehmen muss, ist für Jok kein Problem.

Sein mutiges und durchdachtes Handeln beschert Jok Erkenntnisse, die seinen Stammesgenossen hingegen verborgen bleiben. Sie begreifen noch nicht einmal, dass der »gefährliche« Sanddrache eigentlich ein hochintelligenter und höflicher Nachbar ist. Nach dem Absturz des Meteors kann er die anderen Skrills vor den vergifteten Früchten warnen und erkennt die komplizierten ökologischen Zusammenhänge seiner Umwelt.

Dem Autor gelingt es auf wunderbare Weise, die Gedanken und Gefühle des jungen Skrill nahezubringen. Und so ist der Leser tief ergriffen als Joks geliebte Dara entführt wird. Ganz automatisch fiebert man beim Lesen mit und hofft auf einen glücklichen Ausgang.

Der zeitliche Umfang des Romans ist gewaltig und stimmt den aufmerksamen Leser nachdenklich. In zwei Milliarden Jahren wird wahrscheinlich nichts auf diesem Planeten mehr an die Menschheit erinnern. Darüber nachzudenken, macht demütig und nur zu deutlich bewusst, man sollte sich und die vielen kleinen und großen »Probleme« nicht immer gar so wichtig nehmen.

Auch wenn das Buch schon vor fast 40 Jahren geschrieben wurde, haben seine Handlung und Botschaft nichts an ihrem Reiz verloren, sie sind zeitlos. Ich kann diesen Roman nur jedem an Science-Fiction interessierten Leser von ganzem Herzen empfehlen.

Zum Buch

Originaltitel: Weg der Erde
Autor: Reinhard Köhrer
Verlag: Wilhelm Heyne Verlag München 1983
Seitenzahl: 220
Ausgabe: Paperback

Quellen

[1] Weg der Erde - Reinhard Köhrer, Wilhelm Heyne Verlag München 1983