23.07.2015
Leider führte die Wahl des ziemlich unpassenden Titels "Dark Planet" dazu, dass dieses Meisterwerk russischer Science-Fiction in Deutschland kaum wahrgenommen wurde. Dem Original entsprechend wäre "Die bewohnte Insel" wohl viel besser gewesen.
Ich kenne und schätze den Roman der Strugatzkis, auf dem dieser Film basiert, schon seit den 80er Jahren. Seine filmische Umsetzung finde ich gelungen und sehr nahe am Text. Wichtig ist in diesem Zusammenhang sicherlich, welche Meinung die Autoren zu diesem Werk haben. Boris Strugatzki sagte hierzu: "... Ich mag den Film sehr. Es ist die bislang beste Visualisierung von 'ABS' (die Fans von Boris und Arkadi Strugazki benutzen die Abkürzung für die beiden Brüder). Ein herausragender Titelheld Mak Sim (Maximilian Kammerer), ein hervorragender Prokuror und Fremder. ..." ([1] - Sankt Petersburger Herold). Vielleicht entspricht der Film nicht ganz unseren von Hollywood beeinflussten Sehgewohnheiten, eine Chance sollte man ihm jedoch geben.
Recht häufig wird die Leistung des Maxim-Darstellers kritisiert. Der Hauptdarsteller setzt aber genau das um, was der Roman der Strugatzkis vorgibt. Maxim, ein junger und naiver Mann kommt aus der heilen Welt des Mittag (Mittag, 22. Jahrhundert). Er kapiert anfangs gar nichts. Seine hohen moralischen Ansprüche, sein ausgeprägtes Gerechtigkeitsgefühl und seine große Wahrheitsliebe werden mit einer Militärdiktatur konfrontiert. Maxim befindet sich in einem unlösbar erscheinenden Gewissenskonflikt und muss notgedrungen einen Reifeprozess durchleben. Nach und nach lernt er auf die harte Tour, Kompromisse im Hinblick auf seine eigenen Werte und Moralbegriffe einzugehen. Erst als er ein Teil der bewohnten Insel (Originaltitel) geworden ist, kann er wirklich etwas tun, um die bestehenden Verhältnissen zu verändern.
Ich empfehle unbedingt, die zweiteilige Version des Films anzuschauen. Die um 100 Minuten gekürzte Version wird der Geschichte um Maxim einfach nicht gerecht. Es geht zu viel verloren. Seien es die Bilder aus Maxims Kopf (bei der Flucht vor dem Tachorg auf dem Planeten Pandora), sei es der Zauber seiner ersten Begegnung mit Rada (Wer ist Gai?, spürbare Anspannung). Der große Zusammenhang und die eigentliche Seele des Films gehen durch die drastischen Schnitte verloren. Die Großkopfigen (Kopfler, Golovans), eine interessante Mutation intelligenter Hunde wird weggelassen. Kenner des Buches können da nur den Kopf schütteln.
Ich kannte bis jetzt nur die russische Original-DVD und kann mich mit der deutschen Synchronisation nicht so recht anfreunden. Die Stimmen klingen manchmal recht künstlich. Unglücklich finde ich die Bezeichnung "Ausgeartete". In jeder deutschen Buchausgabe von "Die bewohnte Insel" steht an dieser Stelle "Entartete", was treffender klingt. Der bei den Bewohnern des Planeten so beliebte Fluch "Massaraksch" (das Innerste nach außen kehren) deutet an, dass sie von der Vorstellung, auf der Innenseite einer Hohlkugel zu leben, nicht vollkommen überzeugt sind.
Noch ein Tipp: Lesen Sie unbedingt den Roman "Die bewohnte Insel" von Arkadi und Boris Strugatzki! Es gibt dazu auch zwei Fortsetzungen: "Ein Käfer im Ameisenhaufen" und "Die Wellen ersticken den Wind".
Quellen
[1] Sankt Petersburger Herold (Herold Russland News aus St. Petersburg) vom 13.01.2009, Artikel: Boris Strugazki: "Die Schrauben werden weiter angezogen"
[2] Das Bild: Szene vom Filmdreh (Stand 23.02.2015) - Wikimedia.org (unter folgender Lizenz: This file is licensed under the Creative Commons Attribution-Share Alike 3.0 Unported license.)